Distance Caregiving – Covid-19 als „Brennglas”
Stefanie Engler
Evangelische Hochschule Freiburg
E-Mail: stefanie.engler@eh-freiburg.de
Erst in den letzten Jahren werden „distance caregiver“ als neues Angehörigenprofil wahrgenommen und untersucht, inwiefern intergenerationelle Wohnentfernungen und Mobilität klassische Formen häuslicher Pflegesettings verändern. Im Kontext der digitalen Transformation versprechen technische Hilfsmittel und Assistenzsysteme Unterstützung, von Kommunikation über Trackingsysteme bis hin zur Telemedizin. Seit Beginn der Covid-19-Pandemie erfahren die Herausforderungen entfernt lebender Angehöriger eine Zuspitzung. Gleichzeitig werden durch das Gebot des „social distancing“ diese Belastungen zur neuen Realität für Familien, in denen Kontakte zuvor häufiger möglich waren.
Ergebnisse einer Studie zur Situation von „distance caregivern“ (17 Angehörigeninterviews, 22 Expert*inneninterviews) werden hinsichtlich Chancen und Grenzen von Techniknutzung bei räumlicher Distanz analysiert. Die Erkenntnisse bieten Rückschlüsse für die aktuelle Situation: So entfaltet für die Angehörigen Technik ihren Nutzen in der Erleichterung von Kommunikation und Koordination. Expert*innen und Angehörige betonen die Chance alltagsnaher Lösungen zur Förderung häuslicher Autonomie. Beide Seiten diskutieren den Einsatz von Tracking- und Monitoringsystemen als Beitrag zu Mobilität und Autonomie einerseits, als rechtlich-ethische Grenzüberschreitung andererseits. Kritisch betrachten die Expert*innen Überwachungsszenarien und den fehlenden Einbezug älterer Nutzer*innen.
Das „Brennglas“ Covid-19 verdeutlicht die Notwendigkeit und Dringlichkeit qualifizierter Beratungs- und Begleitungsangeboten, um das Potenzial vorhandener Technologien besser auszuschöpfen, auch in Verbindung mit Freiwilligem Engagement und eingebettet in Quartierskonzepte.